Mexiko

Nah am Kunden

Mexiko wird als Exportmarkt für deutsche Betriebe immer wichtiger. Noch bedeutender ist das Land aber als Standort für Produktion, Sales und Service. Zwei Unternehmen aus Neckar-Alb berichten von ihren Erfahrungen.

Einige Beschäftigte des mexikanischen Wafios-Standorts vor ihrem FirmengebäudeWafios-Standort im Bundesstaat Querétaro: Prokurist und Vertriebsleiter Dr. Thomas Kaup (2. v. l.) mit Vorstandssprecher Dr. Uwe-Peter Weigmann (4. v. l.) und einigen Beschäftigten. Foto: PR

Viele deutsche Firmen haben in den vergangenen Jahren massiv in Mexiko investiert. So auch die Wafios AG aus Reutlingen. Im Jahr 2016 hat das Maschinenbauunternehmen eine Niederlassung mit Showroom und zwei Standorten im Bundesstaat Querétaro eröffnet. „Es ist wichtig, dass wir mit unserem Service vor Ort sind und dadurch kurzfristige Lieferverpflichtungen gegenüber unseren Kunden einhalten können“, sagt Dr. Thomas Kaup, Prokurist und Vertriebsleiter am Reutlinger Stammsitz.

Man muss viele Anreize schaffen, um gute Mitarbeiter zu halten

Thomas Kaup

Nach einer Marktanalyse waren sich Vorstand und Aufsichtsrat schnell sicher, dass sich die Eröffnung eines Standorts für Service und Vertrieb in Mexiko rechnen würde. Zunächst wurden drei Mitarbeiter eingestellt. „Heute haben wir dort zehn Beschäftigte, der Umsatz hat sich fast verdreifacht. Wir sind gut etabliert“, berichtet Kaup. „Die Nähe zu unseren Kunden ermöglicht schnelle Reaktionen, schafft Vertrauen und stärkt unsere Position auf dem mexikanischen Markt.“

Enormes Potenzial
Wafios produziert in mehreren deutschen Werken sowie an Standorten in Brasilien und China rund 130 verschiedene Maschinen für die Herstellung und Verarbeitung von Draht, Rohren und Formteilen. Zum Einsatz kommen sie etwa in der Automobil- und Elektroindustrie. Etwa zwei Drittel der Maschinen werden exportiert, der Rest bleibt in Deutschland. Die größten Märkte außerhalb Europas sind für das Unternehmen die USA und China. „Was Technologie und Qualität anbelangt, sehen wir uns als Nummer eins auf dem Weltmarkt“, betont Kaup.

Im Jahr 2018 erzielte die Wafios AG den höchsten Umsatz in ihrer damals genau 125-jährigen Geschichte. Danach ging das Geschäft aufgrund der Transformation in der Automobilindustrie zurück. Dies machte ein Umdenken und die Entwicklung neuer Produkte erforderlich. „Was Flexibilität und Genauigkeit anbelangt, macht uns niemand etwas vor“, so Kaup. „Mit Ausnahme der großen Märkte gilt jedoch: Je weiter weg von Europa, desto geringer ist die Bereitschaft, in diese Vorteile zu investieren, da die Ansprüche an Qualität und Produktivität geringer sind.“ 18 Prozent des Umsatzes, sagt Kaup, werden in Forschung und Entwicklung investiert. Aktuell hat die Wafios AG weltweit rund 155 Patente angemeldet.

Wer sich in Mexiko niederlassen will, sollte bei der Wahl des Standorts nicht nur dessen strategisch günstige Lage, sondern auch die Sicherheit im Blick haben, meint Thomas Kaup. Insgesamt aber sieht er in der mexikanischen Marktwirtschaft ein enormes Potenzial für Wachstum. Nicht zuletzt, weil die Energiepreise und die Löhne niedrig sind und der große Markt USA vor der Haustür liegt. Inzwischen seien die Kosten in Mexiko niedriger als in China. „Aber man muss auch viele Anreize schaffen, um gute Mitarbeiter zu halten“, sagt Kaup. Wafios bietet seinen mexikanischen Beschäftigten deshalb im Land eher unübliche Extraleistungen an, wie etwa Firmenwagen für Vertrieb und Service oder eine zusätzliche Krankenversicherung.

Peter RenzPeter Renz, der Pressesprecher der Elring Klinger AG. Foto: PR

Hohe Qualitätsstandards
Bereits seit über 40 Jahren ist die Elring Klinger AG, Automobilzulieferer aus Dettingen an der Erms, in Mexiko präsent, seit 1996 am gegenwärtigen Standort in der Stadt Toluca. „Es ist eines unserer größten Werke“, berichtet Pressesprecher Peter Renz. „In Mexiko sind die Arbeits- und Produktionskosten effizient bei gleichzeitig hohen Qualitätsstandards.“ Er nennt ebenfalls die niedrigen Energiekosten als Stärke des Landes, zudem seine strategisch günstige Lage zwischen den Vereinigten Staaten und Lateinamerika. „Uns ist aber wichtig zu betonen: Wir haben aus diesen oder anderen Gründen bislang keine Produktion aus Deutschland nach Mexiko verlagert. Dort angesiedelt haben wir uns wegen der Nähe zu den produzierenden Kunden vor Ort.“

Es ist Geduld, Toleranz und Verständnis füreinander gefragt, damit eine Win-win-Situation entstehen kann

Peter Renz

Das hilft, Transportwege und -kosten möglichst kurz und gering zu halten. „Deswegen sind wir mit unseren 45 Standorten in allen für die Automobilindustrie wichtigen Regionen und Ländern vertreten. Mexiko ist ein bedeutender Produktionsstandort der globalen Automobilindustrie, insbesondere für den nordamerikanischen Fahrzeugmarkt“, erklärt Renz. Zahlreiche Hersteller und Zulieferer würden hier Werke unterhalten. So konnte auch Elring Klinger am Standort Mexiko stark wachsen, weil sich die Nachfrage sehr gut entwickelt hat. Das zeigt sich laut Renz zum Beispiel am Umsatz, der sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt habe.

Small Talk ist wichtiger als hierzulande
Das Aufeinandertreffen von Menschen mit sehr unterschiedlichen kulturellen Hintergründen bringe viele Vorteile, aber auch Herausforderungen mit sich. „Es ist Geduld, Toleranz und Verständnis füreinander gefragt, damit eine Win-win-Situation entstehen kann“, sagt Peter Renz. So nehme beispielsweise das persönliche Miteinander in Mexiko einen deutlich höheren Stellenwert ein als hierzulande. Small Talk etwa habe in Mexiko eine viel größere Bedeutung als in Deutschland.

Die größte Herausforderung aber besteht für die Elring Klinger AG darin, qualifiziertes Personal vor Ort zu finden, da Fachkräfte in der Region rund um Toluca sehr gefragt sind: Auch andere große Automobilhersteller und -zulieferer werben hier intensiv um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. /  

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 4+5/2024.)