Asien

Dynamischer Markt

Wer projektbezogen arbeitet, muss sich oft global orientieren – denn der deutsche Markt allein bietet nicht jeder Branche ausreichend Wachstumspotenzial. Zwei Unternehmen aus der Region hat die Suche nach neuen Geschäftschancen nach Asien geführt.

Gunter StöhrGunter Stöhr, der Geschäftsführer der Uraca GmbH & Co. KG in Bad Urach. Foto: PR

Die Uraca GmbH & Co. KG ist ein echter „Hidden Champion“: ein Unternehmen, das in seiner Branche zu den Marktführern zählt, aufgrund seiner Spezialisierung aber der Öffentlichkeit nur bedingt bekannt ist. Seit 1893 entstehen am Firmensitz in Bad Urach Hochdruckpumpen, die in der Industrie und in der Hochdruckreinigung eingesetzt werden. „Wir entwickeln Nischenprodukte. Jedes davon ist eine Maßanfertigung“, erklärt der Geschäftsführer Gunter Stöhr. „Mögliche Anwendungen dafür gibt es in vielen Ländern, weshalb wir rund um den Globus aktiv sind.“

Vertrauen ist alles
Der Exportanteil von Uraca ist seit jeher hoch. Rund 70 Prozent der Pumpen gehen ins Ausland, unter anderem nach China. „Das
fing vor etwa 30 Jahren mit einem Handelspartner in Hongkong an. Bis sich das Festland öffnete, brauchte man dort eine Vertretung, die den Handel mit China koordinierte“, erinnert sich Stöhr. Diese Kooperation verlief lange reibungslos – bis die Partnerfirma infolge von Umstrukturierungen im Management zunehmend Probleme bekam.

Das Wichtigste sind zuverlässige Partner

Gunter Stöhr

Um den engen Kontakt zu den Kunden vor Ort zu wahren, entschied sich Uraca 2017 daher zu einem großen Schritt: zur Gründung einer Tochtergesellschaft im Norden Chinas. „Wichtig war für uns vor allem, dass der Markt groß genug ist“, sagt Stöhr. „Wir sind im Projektgeschäft tätig und damit gehen enorme Schwankungen in der Nachfrage einher. Der chinesische Markt hat sich aber in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren auf so hohem Niveau stabilisiert, dass es sich für uns lohnt, ein eigenes Sales-and-Service-Büro in Dalian zu betreiben.“

Was braucht es, um auf Distanz erfolgreich eine Tochtergesellschaft aufzubauen und zu führen? „Das Wichtigste sind zuverlässige Partner“, findet Gunter Stöhr. „Vertrauen ist für uns alles, denn aufgrund der Entfernung ist es viel schwerer, engen Kontakt zu halten.“ Möchte sich das deutsche Team von Uraca mit den Kollegen in Dalian abstimmen, will jeder Schritt gut geplant sein – auch wegen der Zeitverschiebung von sieben Stunden.

„Zudem braucht man jemanden vor Ort, der die Kunden kennt und weiß, wie man souverän mit ihnen umgeht“, so Stöhr. „Sprachkenntnisse allein reichen dafür nicht: Man muss auch die Geschäftskultur und die damit einhergehende Mentalität kennen. Der chinesische Markt ist sehr schnelllebig. Die Kunden erwarten, dass Projekte sofort umgesetzt werden, weshalb in Verhandlungen mitunter auch entsprechender Druck aufgebaut wird.“ Für Uraca war es daher ein großer Gewinn, dass für die Leitung der Tochtergesellschaft eine erfahrene Mitarbeiterin des ehemaligen Handelspartners übernommen werden konnte. Sie führt den Standort bis heute.

Frank HummelFrank Hummel, der Geschäftsführer der Sowitec Group GmbH in Sonnenbühl. Foto: PR

Das Risiko streuen
Wie es ist, große Projekte aus der Distanz zu betreuen, davon kann auch Frank Hummel berichten, der Geschäftsführer der Sowitec Group GmbH. Das Unternehmen plant und realisiert seit 1993 Projekte im Bereich erneuerbare Energien – vor allem große Wind- und Solarparks. „Angefangen hat das alles hier in der Region, auf dem Himmelberg bei Sonnenbühl“, erzählt Hummel. „Dort haben wir 1995 den ersten Windpark Süddeutschlands gebaut.“

Es folgten über 100 weitere Windkraftanlagen in ganz Deutschland. Schon kurz nach der Jahrtausendwende begann Sowitec jedoch auch damit, sich ins Ausland zu orientieren, denn hierzulande sank die Zahl der neuen Projekte rapide. „Unser Schwerpunkt lag zu Beginn ganz klar in Baden-Württemberg und Bayern. Ausgerechnet in diesen beiden Bundesländern wurden aber seinerzeit unter den schwarzen Landesregierungen kaum noch Projekte im Bereich erneuerbare Energien genehmigt.“

Oft braucht man einen Dolmetscher

Frank Hummel

Inzwischen zählt das Unternehmen mit über 100 Beschäftigten in 14 Ländern längst zu den führenden Akteuren seiner Branche: In Argentinien, Uruguay und Chile, Mexiko, Brasilien und Kenia – um nur eine kleine Auswahl zu nennen – finden sich Wind- und Solarparks, die von Sowitec geplant wurden. „Jeder Markt unterliegt ganz eigenen Schwankungen“, sagt Frank Hummel. „Um das Risiko zu streuen, haben wir daher im Lauf der Zeit unser Portfolio diversifiziert.“

Chancen und Hürden
Neben Lateinamerika birgt derzeit vor allem Südostasien großes Potenzial im Bereich erneuerbare Energien. Für Frank Hummel treten die Unterschiede der beiden Regionen im Arbeitsalltag deutlich zutage. „Die Geschäftskultur in Lateinamerika ist der in Westeuropa sehr ähnlich. Das macht es leicht, mit Mitarbeitern und Investoren zu reden“, sagt er. „In Südostasien ist es nicht so leicht, Geschäftsbeziehungen zu knüpfen und Projekte anzustoßen. Für Gespräche mit Investoren oder Behörden braucht man oft einen Dolmetscher.“

Von Hürden wie diesen lässt sich Sowitec aber nicht abschrecken. Schon seit 2015 ist das Unternehmen in Thailand vertreten und in den kommenden Jahren könnten dort und in anderen Regionen Südostasiens neue Projekte folgen. Dabei gibt es für Frank Hummel allerdings ein klares Ausschlusskriterium: „Unsere Compliance-Standards sind sehr hoch – und da machen wir auch keine Kompromisse“, erklärt er. „Wenn feststeht, dass wir keine Projekte umsetzen können, die unseren Standards entsprechen, kann das Wachstumspotenzial noch so groß sein: Nicht mit uns.“ /

(Dieser Artikel erschien in der WNA-Ausgabe 4+5/2024.)