Statements

„Da wusste ich: Ich will das auch“

Manche entscheiden sich ganz bewusst, bei anderen geben der Zufall oder ein Impuls von außen den Ausschlag: Wir haben Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer gefragt, warum sie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben – und was ihnen daran gefällt.

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„Ich kann mein Geschäftsmodell kritisch hinterfragen“

Carl-Heinz Frey, Inhaber von Afmwerbestudio & Agentur, Reutlingen

Ich war zehn Jahre lang als freier Mitarbeiter im Marketing und Vertrieb tätig. Diese Arbeit hat mir immer großen Spaß gemacht, sodass ich mir schon damals mit meiner eigenen Firma ein zweites Standbein im Marketing und Grafikdesign aufgebaut habe. Inzwischen habe ich Bestandskunden, die ich seit über 25 Jahren betreue – und immer noch viel Freude an meiner Arbeit.

An der Selbstständigkeit weiß ich zum einen die Entscheidungsfreiheit zu schätzen und zum anderen die Möglichkeit, mich ständig weiterzuentwickeln. Als Kleinstunternehmer kann ich mein Geschäftsmodell kritisch hinterfragen und die Dienstleistungen, die ich anbiete, flexibel an den Markt anpassen. Diese Wendigkeit finde ich in der aktuellen Wirtschaftslage besonders wichtig: Aufgrund der Rezession sind viele Unternehmen auf Sparkurs und obwohl es eigentlich darauf ankäme, jetzt neue Märkte zu erschließen, wird leider oft zuerst das Marketingbudget gekürzt. /

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„Ich hätte gern etwas mehr Zeit fürs Kreative“

Katja Merz, Inhaberin des Concept Stores Anna Luise, Meßstetten

Ich habe mich vor etwa dreieinhalb Jahren in die Soloselbstständigkeit gewagt, weil ich so selbstbestimmt arbeiten und auch mein kreatives Herz ausleben kann. Seitdem führe ich Anna Luise in Meßstetten, einen Concept Store, in dem ich Mode, Accessoires und Schmuck, aber auch Feinkost, Dekoration und Papeterie anbiete. Mein Ziel ist es, ein besonderes, immer wieder wechselndes Sortiment zusammenzustellen – mit Artikeln, die nicht überall zu finden sind. Um den Menschen hier in der Region eine Auszeit und die Möglichkeit zur Begegnung zu bieten, habe ich zudem drei Cafétische im Laden, an denen meine Gäste Kaffeespezialitäten und Gebäck genießen können.

Da ich Anna Luise fünf Monate vor dem ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 eröffnet habe, konnte ich bisher leider noch niemanden anstellen, aber langfristig ist das der Plan. Denn wenn sich die Aufgaben auf mehr Schultern verteilen, bleibt mehr Zeit für neue Kreativprojekte und die Weiterentwicklung meiner Unternehmensvision. /

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„Ich wollte schon als kleines Kind einen eigenen Comic-Laden“

Dieter Mucha, Inhaber der Fachbuchhandlung Fantasy Empire, Tübingen

Ich habe meine Ausbildung zum Bankkaufmann in einer Zeit absolviert, als das Tagesgeschäft der Banken noch sehr auf die Kundenberatung fokussiert war. Das hat sich im Lauf der Jahre leider geändert: Als es nur noch um Zahlen und nicht mehr um Personen ging, stand für mich fest, dass ich etwas anderes machen muss. Wie es der Zufall so will, führt ein Freund von mir in Böblingen einen auf Fantasy und Spiele spezialisierten Laden, der mich zum Schritt in die Selbstständigkeit inspiriert hat. Ich wollte schon als kleines Kind einen eigenen Comic-Laden – und was die wirtschaftliche Seite angeht, wusste ich: Das schaffe ich, mit Zahlen kenne ich mich aus.

Inzwischen gibt es meinen Laden Fantasy Empire seit 20 Jahren und bis heute ist die Kundenberatung für mich der schönste Teil meiner Arbeit. Ich liebe die vielen im ganz positiven Sinn verrückten Leute, die man hier in Tübingen kennenlernen kann, und habe großen Spaß daran, herauszufinden, welche Bücher, Comics und Spiele ihnen Freude bereiten. /

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„Mit einem Facebook-Post ist über Nacht alles explodiert“

Sladana Raitze, Inhaberin des Bekleidungsgeschäfts Indestructible Concept Room, Albstadt

Als ich 2013 wegen der Liebe von Slowenien nach Deutschland gekommen bin, sprach ich kaum Deutsch und konnte daher mit meinem Master in Verwaltungsrecht nicht viel anfangen. Während ich Sprachkurse belegte, machte sich aber meine Schwägerin, eine Schneiderin, selbstständig. Dabei habe ich sie unterstützt, unter anderem beim Marketing. Und mit einem Facebook-Post, in dem wir einen Rucksack verlost haben, ist über Nacht alles explodiert: Plötzlich hatte sie so viele Bestellungen, dass sie mit dem Nähen kaum hinterherkam. Weil ich das so spannend fand, schrieb ich schon damals meinen eigenen Businessplan – nur für mich, als Träumerei.

Ein paar Jahre später wusste ich aber: Ich will das auch. Inzwischen setzen meine Schwägerin und ich dieselbe Idee in zwei Ländern um. Sie ist für Slowenien und das Textile zuständig, ich für Deutschland und das Marketing. Und was soll ich sagen? Wenn ich sehe, dass die Produkte, die wir gemeinsam kreieren, Freude bereiten, habe ich bis heute jedes Mal Schmetterlinge im Bauch. /

Margarethe SchreiweisFoto: PR

„Über die Jahre haben wir uns immer weiterentwickelt“

Margarethe Schreiweis, Co-Inhaberin des Raumausstattungsunternehmens Marie Lind, Münsingen

Mein Mann und ich stießen 2006 auf ein Geschäft in Reutlingen, das zum Verkauf stand. Dort wurden Stoffe aus der Provence sowie maßgeschneiderte Kissen, Polsterauflagen und Gardinen verkauft. Weil uns der Laden sehr gefiel und wir uns gut vorstellen konnten, ihn zu unserem neuen Projekt zu machen, haben wir ihn kurz entschlossen übernommen – und wir haben es nicht bereut.

Seitdem hat sich einiges getan: Schon wenige Jahre später sind wir in größere Räumlichkeiten umgezogen, haben unser Sortiment erweitert und haben damit angefangen, alte Polstermöbel wiederherzustellen. Anfangs hatten wir dafür eine externe Werkstatt, aber inzwischen sind der Laden, das Nähatelier und die Polsterwerkstatt unter einem Dach. Außerdem haben wir uns im Lauf der Zeit stark in Richtung Raumausstattung entwickelt: Wir bieten heute nicht nur Stoffe und Wohnaccessoires an, sondern gestalten auch ganze Einrichtungskonzepte. Mit den richtigen Farben und Mustern lässt sich ein Raum grundlegend verändern. Diesen kreativen Prozess genießen wir sehr. /

(Diese Statements erschienen in der WNA-Ausgabe 6+7/2023.)