Vorbereitungen auf eine zweite Amtszeit von Trump

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbFoto: Naresh777/shutterstock.com

Wahrscheinlichkeit und Bedeutung einer zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident sind für Unternehmen mit und ohne US-Geschäft so groß, dass sich ein Vorbereiten auf dieses Szenario schon jetzt lohnt.

Eintrittswahrscheinlichkeit
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es zu einer Neuauflage Biden vs. Trump bei der US-Präsidentenwahl am 5. November 2024 kommen. Vor die Wahl Biden oder Trump gestellt, sind die US-Wähler in Umfragen Mitte Januar ziemlich gespalten. Laut einer YouGov-Umfrage für den Economist vom 15. Januar würden 44 Prozent Biden und 43 Prozent Trump ihre Stimme geben.

Tipp: Wer sich über aktuelle Umfrageergebnisse auf den Laufenden halten möchte, ist bei Project 538 gut aufgehoben.

Auswirkungen
Einige der zu erwartenden Auswirkungen für Unternehmen in unserer Region, egal ob mit oder ohne US-Geschäft, lassen sich durch die Erfahrungen mit Trump I abschätzen.

Dabei werden die Auswirkungen auf Unternehmen in ihrer Intensität deutlich stärker sein als bei Trump I. Drei Hauptgründe dafür sind:

  • Checks and Balances innerhalb der US-Administration und durch die (anderen Teile der) US-Legislative, US-Gerichte und Medien wird es bei Trump II deutlich weniger als Trump I geben.
  • Erratische Entscheidungen durch ein Denken in Deals, zu denen es Unberechenbarkeit brauche, werden in einer geopolitisch gegenüber 2017–2021 nochmals deutlich angespannteren und komplexeren Weltlage in 2025–2029 extremere Auswirkungen haben.
  • Viele supranationale Organisationen, die alle Akteure weltweit ein Stück weit einhegen, sind im Vergleich zur Zeit von Trump I deutlich geschwächt (siehe UNO). Andere können unter Trump II schnell an Kraft verlieren, zum Beispiel wenn Trump die in Artikel 5 des Washingtoner Vertrags verankerte Beistandspflicht zwischen den NATO-Partnern in Frage stellt.

Prohibitive Importzölle – auch kurzfristig
Exporteure von Waren in die USA sollten sich darauf einstellen, dass ihr Zugang zum US-Markt unter Trump II auch kurzfristig stark eingeschränkt werden oder sogar wegfallen kann. Trump I lehrte, dass eingesetzte Instrument, prohibitiv hohe Zusatzzölle auf Importe sein könnten. Die EU wird als Gegenmaßnahme ebenfalls mit Strafzöllen reagieren, so dass Importeure von Waren aus den USA mit einer Verteuerung der Importe rechnen müssen. Trump verfolgt eine merkantilistische Handelspolitik. Er schaut dabei sehr auf Handelsbilanzen. Handelsbilanzdefizite sind ihm ein Graus. Die USA haben traditionell hohe Handelsbilanzdefizite; seit Jahren schon insbesondere gegenüber der Volksrepublik China, Deutschland und Mexiko. Da Deutschland Teil der Europäischen Union ist, richtet sich Trumps Blick sowohl auf Deutschland als auch die EU. Sehr aufschlussreich ist seine Aussage vom 1. Juli 2018 auf Fox News: „The European Union is possibly as bad as China – just smaller, o.k.?” Insbesondere die deutsche Automobilindustrie und die aus seiner Sicht zu hohen Kfz-Importe aus der EU hatte er dabei im Blick. Nicht nur Automobilbauer und -zulieferer haben wegen dieser Sichtweise, der sich in den USA bietenden Geschäftschancen und auch der von Biden gerade in Zukunftsbranchen verfolgten Local-Content-Politik reagiert und ihre Vor-Ort-Kapazitäten in den USA schon in den letzten Jahren ausgebaut – mit entsprechenden Auswirkungen für Zulieferer auch auf vorgelagerten Wertschöpfungsstufen.

Spill-Over-Effekte nach Deutschland, Europa und auf Drittmärkte
Schotten sich die USA in Marktsegmenten ab, kann der Wettbewerbsdruck auf anderen Märkten stark ansteigen. Bleiben wir zur Illustration beim Automotivmarkt. Natürlich lohnt es sich für die eigenen Produktgruppen zu überlegen, ob sich die Wettbewerbssituation in Deutschland, im EU-Binnenmarkt oder in wichtigen Drittmärkten verändern kann, weil zusätzliches Angebot in diese Märkte drückt, das nicht in die USA gelangen kann. Die meisten Pkw-Importe in die USA stammten zwischen Oktober 2022 und Oktober 2023 laut US-Census wertmäßig aus Mexiko (38 Mrd. US$), Japan (36,6 Mrd. US$) und Kanada (31,3 Mrd. US$). Aus der Volksrepublik China stammten gerade einmal Pkw-Importe für 1,3 Mrd. US$. – und das bei der Bedeutung des US-Automotivmarktes und den Überkapazitäten der chinesischen Automobilindustrie. Laut Jörg Wuttke, langjähriger Präsident der Europäischen Handelskammer in China, verfügen chinesische Autobauer mittlerweile über eine Fertigungskapazität von 50 Millionen Autos im Jahr. Der chinesische Heimatmarkt nimmt aktuell aber nur 23 Millionen Autos im Jahr auf. Wenn die verbleibenden Überkapazitäten chinesischer Hersteller ihren Weg nicht in die USA finden können, werden sie sich andere Absatzmärkte suchen.

Local-Content-Anteile
Local-Content-Anteile sind auch der Biden I-Administration nicht fremd (siehe etwa Inflation Reduction Act). Sie dürften unter Trump II aber eine noch größere Rolle spielen und noch häufiger als populistisches Mittel der Politik eingesetzt werden. Darauf sollten sich Unternehmen einstellen. Unter der ersten Trump-Administration verhandelten zum Beispiel auf Initiative und Druck der Trump-Administration Kanada, Mexiko und die USA das Freihandelsabkommen USMCA als Nachfolger für NAFTA aus. Kern von USMCA sind Local-Content-Vorschriften. Sie gab es schon im Rahmen von NAFTA, wurden aber auf Druck von Trump I erhöht. Trump hatte zum Beispiel für Automobile eine Anhebung von 62,5 Prozent Fertigungsanteil in Kanada, Mexiko und den USA auf 85 Prozent Fertigungsanteil gefordert. Zusätzlich hatte Trump gefordert, dass 50 Prozent der gesamten Fertigung in den USA erbracht sein sollten, damit ein Auto frei in der Freihandelszone zirkulieren konnte. Am Ende einigten sich die drei Vertragsstaaten auf eine Anhebung des Local-Content-Anteils von 62,5 Prozent auf 75 Prozent.

Mitarbeiterentsendungen und Chancen auf Fachkräfte
Migration wird wahrscheinlich das am stärksten von den Republikanern gepushte Wahlkampfthema sein. Vorrangig geht es um die Masseneinwanderung aus Lateinamerika über die südliche Grenze der USA. Trump I lehrt jedoch, dass auch ganz andere Gruppen von Einwanderungs- und Einreisebeschränkungen betroffen sein können. Auch kurzfristig. So setzte Trump per Proklamation am 22. Juni 2020 das für die Einreise qualifizierter Arbeitskräfte in die USA zentrale H-1B-Visumprogramm und andere Arbeitsvisa-Programme aus – und zwar schon ab dem 24. Juni 2020. Biden I setzte diese Verfügungen wieder außer Kraft. Für Unternehmen bedeutet dies, dass im Zweifel nicht nur ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unter Trump II in den USA ohne die Kreativität und das Wissen ausländischer Fachkräfte auskommen werden müssen. Auch zum Beispiel die Entsendung von Servicepersonal für Inbetriebnahmen, Wartungen, Reparaturen und ähnlichen Leistungen könnte unter Trump II im Vergleich zu heute schwieriger werden.

Technologieführerschaft: Exterritoriale Sanktionen
Der Wettstreit um die technologische Vorherrschaft im 21. Jahrhundert zwischen der Volksrepublik China und den USA dürfte weiter zunehmen. Aktuell erleben wir ihn am offensichtlichsten bei Hochleistungschips und 5G- und 6G-Technologie. Künftige US-Administrationen werden noch stärker auf das Mittel exterritorialer Sanktionen im Hochtechnologie-Bereich setzen, etwa bei KI. Bei Trump II könnte dieses Mittel aber auch schnell Anwendung außerhalb der Hochtechnologie finden. Es kann dabei fast alle Bereiche treffen, indem diese als für die nationale Sicherheit der USA bedeutend eingestuft werden.

Quelle: IHK Rhein-Neckar

Martin Fahling

Martin Fahling

International und internationale Fachkräfte,
IHK-Zentrale
Position: Bereichsleiter
Schwerpunkte: Grundsatzfragen, Außenwirtschaftspolitik, Beratungen
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