Betriebliche Gesundheitsförderung - Steuerliche Aspekte

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbFoto: PeopleImages/iStockphoto.com

Mit betrieblicher Gesundheitsförderung können Unternehmen dazu beitragen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund und leistungsfähig bleiben. Doch was müssen Unternehmen beachten, damit die gewährten Leistungen steuerlich begünstigt sind?

Überblick über steuerlich begünstigte Leistungen

Unternehmen stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, zur Gesundheit ihrer Arbeitnehmer beizutragen. Einige Möglichkeiten werden steuerlich begünstigt:

  • Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers
  • Betriebliche Gesundheitsförderung nach § 3 Nr. 34 EStG
  • Verwendung der 50 Euro-Freigrenze für Sachbezugsleistungen

Wie erfahren Sie, ob das Finanzamt mitspielt?
Um als Arbeitgeber Rechtssicherheit und Haftungsfreiheit bezüglich der zutreffenden Anwendung der Regelungen erreichen zu können, ist es möglich, zum jeweiligen Einzelsachverhalt eine Anrufungsauskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt (§ 42e EStG) einzuholen. Eine Anrufungsauskunft ist kostenlos und bindend.

Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers

Leistungen des Arbeitgebers, die ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden, stellen keinen Arbeitslohn dar und führen folglich auch nicht zu einer Besteuerung beim Arbeitnehmer.

Die Umsetzungshilfe zur steuerlichen Anerkennung von Arbeitgeberleistungen nach § 3 Nr. 34 EStG des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben vom 20. April 2021) führt aus, dass solche Vorteile dann nicht als Arbeitslohn anzusehen sind, wenn sie bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung gelten.

Beispiele für Leistungen im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse

Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse sind demnach u.a.:

  • betriebseigener Fitnessraum inklusive der Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen
  • höhenverstellbare Schreibtische und andere Arbeitsplatzausstattungen
  • Bildschirmarbeitsplatzbrillen auf ärztliche Verordnung
  • Leistungen zur Förderung von Mannschaftssportarten, beispielsweise durch Bereitstellung einer Sporthalle oder eines Sportplatzes; Individualsport ist davon ausgenommen
  • Schutzimpfungen entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission

Viele weitere Beispiele werden im 5. Abschnitt des BMF-Schreibens genannt.

Was kann gefördert werden?

Darüber hinaus haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Arbeitnehmern bestimmte gesundheitsfördernde Leistungen in Höhe von bis zu 600 Euro je Kalenderjahr unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei zu gewähren.

Die Förderung regelt das BMF-Schreiben vom 20. April 2021 auf der Website des Bundesfinanzministeriums.

Wer kann von der steuerlichen Förderung profitieren?
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist die Arbeitnehmereigenschaft. Alle Arbeitnehmer können von der Steuerbefreiung profitieren (z.B. auch Mini-Jobber und Gesellschafter-Geschäftsführer).

Was wird gefördert?

  • Individuelle verhaltensbezogene Prävention
    Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention werden grundsätzlich in Form von zertifizierten Präventionskursen erbracht. Sie sollen Mitarbeiter befähigen und motivieren, einen gesunden Lebensstil zu führen. Die Zertifizierung der Maßnahme muss nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB V erfolgt sein. Das bedeutet, dass die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) festgelegten Anforderungen erfüllt sein und durch die Zertifizierung nachgewiesen werden müssen, um eine einheitliche Qualität der Leistung sicher zu stellen.
    Unterschieden wird zwischen zertifizierten Präventionskursen der Krankenkassen und zertifizierten Präventionskursen auf Veranlassung des Arbeitgebers. Weitere Details beschreibt das BMF-Schreiben. Es geht auch auf die Voraussetzungen ein, unter denen auch nicht zertifizierte Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention steuerfrei sein können; z.B. wenn sie Teil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind, der nach § 20b SGB V bezuschusst wird.

  • Betriebliche Gesundheitsförderung
    Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung des Arbeitgebers werden von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG erfasst, wenn die Leistungen Bestandteil eines „betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses“ sind, dem „gesundheitsförderlichen Lebens- und Arbeitsstil“ dient und dem Arbeitnehmer persönlich zugeordnet werden können.
    Der Begriff „betrieblicher Gesundheitsförderungsprozess“ wird sowohl im GKV-Leitfaden Prävention als auch im BMF-Schreiben konkretisiert. Wichtig sind
    - ein strukturiertes Vorgehen,
    - eine Bedarfsanalyse und
    - die Einbindung der Beschäftigten bzw. deren Vertretungen und – sofern vorhanden –
    - auch die Einbindung der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Fachkräfte.
    Detaillierte Informationen zum Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ liefern ebenfalls der GKV-Leitfaden Prävention sowie das BMF-Schreiben.

Welche Prävention wird gefördert?
Vier verschiedenen Präventionsprinzipien werden zahlreiche mögliche Maßnahmen zugeordnet, von denen nachstehend nur wenige exemplarisch genannt werden:

1. Stressbewältigung und Ressourcenstärkung
Vermittlung von Entspannungsverfahren (beispielsweise Autogenes Training, Hatha Yoga, Qigong usw.), Selbstmanagement-Kompetenzen (z.B. Zeitmanagement) und Methoden der Ressourcenstärkung (z.B. Stärkung der Achtsamkeit oder Resilienz) usw.

2. Bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte
U.a. Sensibilisierung und Information zu Gesundheitsproblemen, die durch Bewegungsmangel und Fehlbelastungen bedingt sind, sowie Anleitungen zur Bewältigung von Schmerzen und Beschwerden im Bereich des Muskel- und Skelettsystems (z.B. Rückenschule).

3. Gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag
Z.B. Beratungen zur Vermeidung von Übergewicht oder Gruppenangebote zur gesunden Ernährung (z.B. Kochen).

4. Verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb
Insbesondere Beratungen und Kurse zur Tabakentwöhnung und zum gesundheitsgerechten Alkoholkonsum sowie zu weiteren Suchtformen.

Welche steuerlichen Voraussetzungen gelten?
Nur Leistungen des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, fallen unter die Regelung.

Steuerliche Höchstbeträge

  • Der jährliche Höchstbetrag beträgt derzeit 600 Euro brutto je Arbeitnehmer und je Kalenderjahr. Die Leistung des Arbeitgebers ist grundsätzlich mit den (um übliche Preisnachlässe geminderten) Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Zuzahlungen des Arbeitnehmers sind auf den Endpreis anzurechnen. Aus Vereinfachungsgründen können die Leistungen des Arbeitgebers mit den tatsächlichen Aufwendungen bewertet werden. Die Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle Teilnehmer aufzuteilen.
  • Der Betrag von 600 Euro ist ein sogenannter Freibetrag, d.h. sofern die Leistung des Arbeitgebers den Betrag von 600 Euro überschreitet, ist nur der übersteigende Betrag lohnsteuerpflichtig.
  • Der Höchstbetrag von 600 Euro ist arbeitgeberbezogen. Sofern ein Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungsverhältnisse hat oder ein unterjähriger Arbeitgeberwechsel vorliegt, kann der Höchstbetrag daher in jedem Arbeitsverhältnis in Anspruch genommen werden.

Ausnahmen
Es gibt auch Leistungen, die von der Steuerbefreiung ausgenommen sind. Daher sollte unbedingt vorher geprüft werden, ob eine geplante Leistung unter eine in Abschnitt 4 des BMF-Schreibens genannte Ausnahme fällt. U.a. werden demnach nicht gefördert:

  • Mitgliedsbeiträge von Fitness-Studios oder Sportvereinen
  • Trainingsprogramme mit einseitigen körperlichen Belastungen
  • Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart
  • Eintrittsgelder in Schwimmbäder oder Saunen
  • Teilnahme an Tanzschulen
  • Massagen
  • Physiotherapeutische Behandlungen

Dokumentationspflichten
Steuerfreie Bezüge sind vom Arbeitgeber grundsätzlich im Lohnkonto aufzuzeichnen. Zusätzlich zur betragsrelevanten Dokumentation müssen dort auch übrige relevante Unterlagen wie z.B. Art der Maßnahmen und Nachweise über Zertifizierungen sowie Teilnahmebescheinigungen aufbewahrt werden. Ausnahmen kann das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag gewähren, sofern es sich um Fälle von geringer Bedeutung handelt oder die Nachprüfbarkeit anderweitig sichergestellt ist.

IHK-Tipp: Die Teilnahme des Arbeitnehmers an einem zertifizierten Präventionskurs der Krankenkasse ist durch eine vom Kursleiter unterschriebene Teilnahmebescheinigung nachzuweisen. Bitte achten Sie darauf, dass diese sowohl den Titel des Kurses als auch die Kurs-Identifikationsnummer enthält. Sofern der Arbeitnehmer hierbei in finanzielle Vorleistung getreten ist und Erstattung beim Arbeitgeber beantragt, hat er auf dem Antrag zudem eine Erklärung abzugeben, ob die Krankenkasse einen Zuschuss gezahlt hat oder ein solcher beantragt wurde, da Doppelförderungen ausgeschlossen sind.

Für detailliertere Aufzeichnungspflichten verweisen wir auf das BMF-Schreiben.

Weitere steuerliche Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsförderung

Was tun, wenn Ihre geplante Maßnahme unter die Ausnahmen fällt?
Sofern geplante Leistungen unter die oben genannten Ausnahmen fallen (wie z.B. Mitgliedsbeiträge für ein Fitness-Studio), lohnt es sich über die Sachbezugsfreigrenze von derzeit 50 Euro je Kalendermonat nachzudenken (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).

Durch den Arbeitgeber übernommene Beiträge, die der Arbeitgeber als eigener Rechnungsempfänger für den Mitarbeiter leistet, wie auch andere Sachleistungen bleiben innerhalb dieses Betrags steuerfrei. Voraussetzung ist jedoch, dass der Betrag nicht bereits anderweitig „verbraucht“ wurde.

Wichtig: Unbedingt zu beachten ist, dass es sich um eine Freigrenze von 50 Euro (brutto) im Monat handelt, d.h. der komplette Betrag wird steuerpflichtig, sofern die Grenze überschritten wird. In die Berechnung sind sämtliche Sachzuwendungen einzubeziehen, die dem Mitarbeiter insgesamt gewährt wurden. Die Freigrenze bezieht sich auf den Kalendermonat und erfordert damit auch zwingend monatliche Zahlungen. Eine Zusammenfassung mehrerer Monate, um beispielsweise quartalsweise oder jährlich zu bezahlen, ist nicht möglich.

Zweckgebundene Geldleistungen des Arbeitgebers oder auch Kostenerstattungen sind regelmäßig keine Sachbezüge und daher stets in voller Höhe lohnsteuerpflichtig.

Weitere Informationen – insbesondere zu Abgrenzungsfragen zwischen Geldleistungen und Sachbezug – finden Sie im relevanten BMF-Schreiben vom 15. März 2022 sowie auf unserer Website Steuerfreie Arbeitgeberleistungen.

Quelle: IHK München

Laura Bogner

Laura Bogner

Hauptgeschäftsführung
IHK-Zentrale
Position: Projektmanagerin
Schwerpunkte: Branchenbetreuung Tourismus, Unterrichtung für Aufsteller von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten, Gaststättenunterrichtung, Sport, Netzwerk Betriebliches Gesundheitsmanagement
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